Rentiere, Nordlicht und Trolle: Im Winter verschwinden in Norwegen die Grenzen zwischen Hell und Dunkel, zwischen Sagen und Wirklichkeit. Alte Traditionen beleben den tief verschneiten norwegischen Winter und geben Hoffnung auf ein neues Jahr unter der Mitternachtssonne. Wenn ihr Gletscher-Höhlen, Fahrten mit einem Hundeschlitten, Übernachtungen im Iglu oder Ski-Abfahrten unter dem Nordlicht erleben möchtet, solltet ihr das Matschwetter hinter euch lassen und diesen Winter nach Norwegen fliegen.
Wie ist Norwegen im Winter?
Die Antwort ist einfach: kalt. So kalt, dass es dort fast überall über Monate hinweg eine geschlossene Schneedecke gibt. Die zugefrorenen Seen laden zum Schlittschuh fahren ein und überall funkeln Eiszapfen im Sonnenlicht. In Norwegen mag es zwar eisig sein, aber die Kälte ist trocken. Wahrscheinlich findet ihr das Winterwetter dort viel angenehmer als den nasskalten Winter in unseren Breiten. Bei Outdoor-Aktivitäten im äußersten Norden stellen die Veranstalter passende Kleidung bereit und beim Ski- und Snowboard fahren friert sowieso kein Mensch.
In den Häusern, Hütten und Hotels ist es natürlich kuschelig warm. Menschen, die monatelang bei so kalten Außentemperaturen leben, legen besonderen Wert auf eine angenehme Temperatur im Innenbereich. In den Binnenregionen von Ostnorwegen, Finnmark, Trøndelag und Troms ist es im Winter am kältesten. An den Küsten und um die Fjorde friert es wegen dem wärmenden Einfluss des Golfstroms nur selten. Wenn ihr aber nach Norwegen reist, um Nordlichter, Schlittenfahrten mit Huskys oder Rentiere zu erleben, solltet ihr schon richtig warme Kleidung im Gepäck haben.
Die Häuser Norwegens bieten Reisenden, die aus der winterlichen Kälte kommen, traditionsgemäß ein herzliches Willkommen. Es ist schließlich noch nicht so lange her, dass ein Licht im Dunkel Überleben bedeutete. Außerdem war früher ein Gast in der Stube die Garantie für einen unterhaltsamen Abend mit den letzten News. Auch wenn heute die Netzabdeckung in Norwegen fast bis in die Arktis reicht – die alten Bräuche sind dort weitgehend erhalten geblieben.
Abenteuer und Winteraktivitäten in Norwegen
#1 Mit dem Hundeschlitten durch den Schnee
Bei eurem Winterurlaub in Norwegen könnt ihr ganz stilecht mit einem Gespann Huskys per Hundeschlitten durch den Schnee gleiten. Hundeschlittenfahrten gibt es für jeden Geschmack: angefangen von kleinen Spazierfahrten bis hin zu mehrtägigen Exkursionen durch die verschneite Wildnis. Ihr habt die Wahl zwischen Touren mit einem Musher – dem Hundeschlitten-Fahrer – und der Möglichkeit, den Schlitten selbst lenken zu lernen. Dabei gehört es dann auch zu eurem Job, die Hunde ein- und auszuschirren und zu versorgen.
Mit Ausnahme der milderen Gegenden wie Helgeland oder auf den Lofoten findet ihr überall in Nordnorwegen Anbieter von Hundeschlittenfahrten. Wenn ihr gut durchtrainiert seid und Extreme liebt, könnt ihr sogar an ausgedehnten Expeditionen auf Spitzbergen oder in Finnmark teilnehmen. Für Normalverbraucher bieten sich kürzere Touren an. Dazu braucht ihr keine besondere Kondition – schließlich erledigen die Hunde die ganze Arbeit. Und selbst wenn ihr irgendwann ein Mal das Gleichgewicht verlieren solltet: Der dicke Schnee sorgt für eine weiche Landung. Hundeschlittenfahrten eignen sich für jeden, der halbwegs fit und beweglich ist.
#2 Ab auf die Piste: Skifahren in Norwegen
Natürlich ist Norwegen auch optimal für einen Skiurlaub geeignet. Wahrscheinlich wurde dort sogar das Skifahren erfunden. Bei Rødøy in Nordland wurde eine 4000 Jahre alte Steinzeichnung gefunden, die einen Skifahrer darstellt. Nordnorwegen ist bekannt für seine endlosen Langlauf-Loipen. Aber es gibt dort auch genügend spannende Pisten für den Alpin-Skisport. Die bekanntesten Skigebiete liegen in Narvik und Målselv. Ihr findet aber auch in fast allen kleineren Ortschaften Nordnorwegens gut präparierte und beleuchtete Loipen, sodass ihr problemlos eine Rundreise mit Ski- und Snowboard-fahren kombinieren könnt.
Für Freerider ist Norwegen das reinste Paradies. Wenn die Tage im Spätwinter wieder länger werden, sind hier ausgedehnte Touren möglich. Wer dabei in den Loipen bleibt, ist vor Lawinen sicher. Ende Februar werden in der Finnmarksvidda und am Grenzgebirge Kjølen entlang bis hin zum Nationalpark Børgefjell geführte Ski-Touren von Berghütte zu Berghütte angeboten. Solche Touren eignen sich besonders für erfahrene Skiläufer mit guter Kondition. Übrigens: Kommt bitte nicht auf die Idee, Ski-Wanderungen in Eigenregie zu unternehmen. Es besteht die Gefahr, sich zu verirren oder in Gegenden wie auf Svalbard plötzlich einem Eisbären gegenüber zu stehen.
#3 Eisfischen: Der weltweit größte Kabeljau-Fang
Ganz wie die Eisbären könnt ihr in Norwegen auch in einem Eisloch fischen. Wenn im Februar die ersten Sonnenstrahlen wieder wärmen und das Eis noch tragfähig und dick ist, wird vielerorts Eisangeln angeboten. Mit Eisbohrer, Angel, Ködern und besonders warmer Kleidung bewaffnet geht es dann auf die Jagd nach dem begehrten großen Saibling. Aber auch auf dem Meer könnt ihr Großfisch angeln – vorausgesetzt, ihr werdet nicht so schnell seekrank. Der riesige arktische Dorsch verbringt den Großteil seines Lebens in den Gewässern um Spitzbergen. Die Küste sucht er nur zum Laichen auf. Jeden Winter findet an den Küsten der Lofoten, um Troms und um Vesterålen der weltweit größte Kabeljau-Fang statt. Einige Exemplare sind bis zu 30 oder sogar 40 kg schwer. Im Fischgrund Malangsgrunnen nahe der Insel Kvaløya bei Troms gibt es die Möglichkeit, zwischen Mitte März und Mitte April bei Angeltouren auf Kabeljau teilzunehmen.
#4 Fahr in die Natur
Angeln ist nicht euer Ding. Und Skifahren schon gar nicht. Auch kein Problem: Ihr könnt trotzdem die Gletscher oder Fjälls besuchen und weitab von den Lichtern der Ortschaften das Nordlicht bestaunen. Bei geführten Schneemobil-Touren erreicht ihr Gegenden in Troms, Spitzbergen oder auf Svalbard, die ihr nie auf eigene Faust entdecken würdet. Schnee-Scooter-Ausflüge machen Spaß und bringen euch zu den schönsten Aussichtspunkten Norwegens. Jeder, der einen Führerschein hat, kann ein Schneemobil mieten.
Am Start gibt euch der Guide passende Schutzkleidung, Schuhe und Sturzhelm. Ihr entscheidet dann, ob ihr allein oder zu zweit fahren möchtet. Natürlich bekommt ihr vor der Abfahrt eine ausführliche Einweisung und Hinweise zu allen Sicherheitsfragen. Dann geht es los: entweder auf präparierten Loipen in der Umgebung – oder sogar zu einer Schneemobil-Safari.
#5 Wanderung in Eishöhlen
Richtig spannend wird es bei einer Eishöhlen-Wanderung auf Svalbard. Unter dem Gletscher Longyearbreen ist eine ganze Welt von großen Sälen und funkelnden Gängen entstanden: alles aus Eis. Draußen herrscht arktische Kälte und im „Schloss der Eiskönigin“ ist es mit + 3º Grad schon beinahe warm. Die Schmelzwasser-Kanäle des Gletschers bilden bizarre Formationen, Tunnel und Höhlen in schimmerndem Blau. Natürlich dürft ihr diese Märchenwelt nicht allein besuchen – es wäre ja wohl nicht lustig, wenn ihr euch dort verirren würdet.
Die Wanderungen unter dem Gletscher werden von ausgebildeten Gletscher-Führern geleitet und finden nur im Winter statt, wenn die Begehung der Höhlen absolut sicher ist. Für eine Eishöhlen-Wanderung braucht ihr keine besondere Kondition. Wer normal beweglich ist und nicht unter einer ausgeprägten Klaustrophobie leidet, kommt mit den Herausforderungen der Wanderung problemlos zurecht.
Wenn es in den Eishöhlen schon 3º Grad warm ist, wie ist die Temperatur dann wohl in einem Iglu? Vielleicht träumt ihr davon, auf eurem Winterurlaub in Norwegen selbst ein Iglu zu bauen? Ein kleines Schnee-Iglu habt ihr schnell aus Schnee-Blöcken gebastelt. Die richtigen Iglus, in denen man auch ein Feuer anzünden kann, sind allerdings aus Eisblöcken gebaut. Dazu müsstet ihr mit Motorsägen und Spezialwerkzeugen einen gefrorenen See attackieren – das hat nicht mehr viel mit Urlaub zu tun. Trotzdem könnt ihr aber eine Nacht im Iglu verbringen. In Norwegen gibt es einige „Eishotels“, die jedes Jahr nach Weihnachten neu gebaut werden. Ein wahres Kunstwerk ist das 2500 m² große Igloo Hotel bei der Polarlichtstadt Alta.
Nordlichter – die Naturwunder des hohen Nordens
Wenn die Sonne in Norwegen ihren Winterschlaf antritt, erhellt eine natürliche Lightshow die eingeschneiten Landschaften Norwegens. Die violett-, grün- und pinkfarbenen Lichter tanzen ihr Ballett immer dann am Himmel, wenn die Nacht besonders dunkel ist. Die Aurora Borealis (wissenschaftlicher Name für das Polarlicht) könnt ihr deshalb besonders gut in Gegenden ohne störenden Lichteinfluss sehen.
Nordnorwegen liegt unter dem sogenannten Nordlicht-Oval. Dort habt ihr beste Chancen, die himmlische Lightshow selbst zu erleben. In der Gegend um das Städtchen Alta tritt das Phänomen besonders häufig auf. Die Aurora war schon immer eine Quelle für Legenden, Mythen und Sagen im hohen Norden. Gerade wenn die Nacht am längsten und am schwärzesten ist, flackern bunte Lichter am norwegischen Himmel auf und erinnern die Menschen an ihre Träume vom nächsten Frühling.
Weihnachten und Silvester in Norwegen
Auch Neujahr und Weihnachten sind in Norwegen Bollwerke gegen die dunkle Zeit des Jahres. Schon Anfang Dezember werden die Häuser geputzt und mindestens sieben verschiedene Sorten Plätzchen gebacken. „Jul“ ist eigentlich ein vorchristliches Fest – in den heutigen norwegischen Weihnachtsbräuchen finden sich noch viele uralte Traditionen. Der „Julenisse“ ist ein Wichtelmann, der auf dem Hof lebt und die Tiere beschützt. Auch heute noch ist er an Weihnachten der offizielle Verantwortliche für die Überbringung der Geschenke. Dem „Nissen“ wird auf dem Land an Weihnachten eine Schüssel Brei in die Scheune gestellt und den wilden Vögeln steckt man eine Garbe Hafer an einen Pfahl.
Beliebter Weihnachtsmarkt in Oslo
In den Häusern fassen sich die Menschen an den Händen und tanzen singend um den Weihnachtsbaum. Das traditionelle Weihnachtsessen sind Lamm- oder Schweinerippchen und der „Lutefisk“. Ganz wie bei uns werden an Heiligabend Geschenke ausgepackt und man feiert im engsten Kreis der Familie bei einem festlichen Essen. Aber Weihnachten ist in Norwegen nicht schon nach dem zweiten Feiertag zu Ende. Je nach Region dauert das Weihnachtsfest oft auch heute noch bis zum dreizehnten oder zwanzigsten Januar. Mittendrin liegt Silvester, das ganz wie in Deutschland gefeiert wird. Nach dem Läuten der Mitternachtglocken wird das Feuerwerk abgebrannt. Dann wünschen sich die Norweger ein „Godt Nytt år!“ – und viele gehen danach noch auf einen Spaziergang durch die verschneite Winternacht.